Handschuhsheim erkunden

Historische Orte im Stadtteil
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Seit 1916 befinden sich das Schlösschen und seine Nebengebäude im Besitz der Stadt Heidelberg, die das Anwesen ab 1921 nutzte, um darin die Jugendherberge einzurichten. Für die Wanderjugend wurde Handschuhsheim somit zum Tor nach Heidelberg. Von Jahr zu Jahr lockte der Ruf der romantischen Stadt am Neckar immer mehr junge Gäste an, so dass bald ein Neubau für die Jugendherberge erforderlich wurde. Der Neubau entstand anstelle früherer Stallungen hier an der westlichen Seite des Schlösselhofs und konnte 1928 bezogen werden. Im Untergeschoss nahm das neue Gebäude auch das sogenannte „Volksbad“ – öffentliche Wannen- und Duschbäder – auf.

1928 Jugendherberge Volksbad
Jugendherberge und Volksbad (Foto: Tiefburgarchiv)

Insgesamt 35 Jahre befand sich die Jugendherberge im Schlösschen und in dem eigens dafür errichteten Erweiterungsbau, bis sie 1956 an einen neuen Standort neben dem Zoo am Rande des Neuenheimer Feldes verlegt wurde. Dort hat sie sich längst zu einer der größten Jugendherbergen in Deutschland entwickelt.

Schlsschen Orangerie 1930
Schlösschen-Orangerie 1930 (Foto: Tiefburgarchiv)

Das wegen der öffentlichen Wannenbäder auch als „Badhaus“ bezeichnete Gebäude wurde in den Jahren danach wie das Schlösschen zur Unterbringung junger Flüchtlinge genutzt und als Schule für geistig Behinderte, bis diese Anfang der 1970er Jahre als Graf-von-Galen-Schule ein eigenes Schulhaus im Stadtteil Pfaffengrund erhielten. 1974 bezog die städtische Musik- und Singschule das Anwesen.

Von vornherein war klar, dass die Musikschule eine bauliche Erweiterung sowie einen Saal für Orchesteraufführungen benötigen würde. Weil auch die Handschuhsheimer Vereine den dringenden Wunsch nach einem Veranstaltungssaal äußerten, nachdem in den zurückliegenden Jahren immer mehr Gaststätten im Stadtteil geschlossen und ihre Saalbauten aufgegeben hatten, errichtete die Stadt Heidelberg unter dem Arbeitstitel „Erweiterung der Musik- und Singschule mit mehrfach nutzbarem Bürgersaal“ anstelle der früheren Nebengebäude im Jahre 1985 diesen Neubau. Das winklige Saalgebäude entspricht in seinem Grundriss dem ehemaligen „Badhaus“ und der quer dazu stehenden, den Hof nach Süden begrenzenden, ehemaligen Remise, die oft auch als „Orangerie“ bezeichnet wurde.

Abriss Orangerie 1983
Abriss_Orangerie_1983 (Foto: Tiefburgarchiv)

Baugrube Carl Rottmann Saal1984
Baugrube Carl-Rottmann-Saal 1984 (Foto: Tiefburgarchiv)

Neubau Carl Rottmann Saal1984
Neubau Carl-Rottmann-Saal 1984 (Foto: Tiefburgarchiv)

Sowohl im Obergeschoss als auch im Untergeschoss des Neubaus wurden weitere Räume für den Musikunterricht untergebracht und ebenso unter dem Schlösselhof, wo die Übungsräume für die besonders lauten Instrumente, zum Beispiel Pauken und Trompeten, eingerichtet sind. Alle Unterrichtsräume werden von der Musik- und Singschule, die 2003 ihren Verwaltungssitz in den Stadtteil Bergheim verlegte, nach wie vor genutzt.

Benannt ist der etwa bis zu 500 Besucher fassende Saal – und mit ihm das gesamte Gebäude – nach dem Münchner Hofmaler Carl Rottmann. Er wurde 1797 in Handschuhsheim als Sohn des Universitätszeichenmeisters Friedrich Rottmann, von dem er auch seine zeichnerische Ausbildung erhielt, geboren. Als 22-Jähriger ging er nach München, wo er es aufgrund seiner hervorragenden künstlerischen Fähigkeiten zum bayrischen Hofmaler brachte und sich den Ruf eines bedeutenden Landschaftsmalers erwarb. Er heiratete in München seine in Schwetzingen geborene Kusine Maria Friederike Augusta von Skell, Tochter des Hofgartenbaudirektors Friedrich Ludwig von Skell. Carl Rottmann starb 1850 und wurde im Familiengrab von Skell auf dem Münchner Südfriedhof beigesetzt.

Carl Rottmann 1797 1850 Landschaftsmaler
Carl Rottmann 1797-1850, Landschaftsmaler (Foto: Tiefburgarchiv)

Carl Rottmann wird allgemein als der bedeutendste Sohn Handschuhsheims gewürdigt. An ihn erinnern neben dem Namen des zentralen Veranstaltungssaals des Stadtteils auch eine Gedenktafel im Hof den Schlösschens sowie eine nach ihm benannte Straße. (br)