Geschichte Alt Hendesse

Das Anwesen besteht aus einem ehemals zwei-, heute dreigeschossigen, traufständigen Vorderhaus und einer ehemaligen Scheune. Die Scheune ist stark verändert und nicht Bestandteil des Kulturdenkmals. Das fünfachsige Wohnhaus steht in geschlossener Bebauung und wurde 1933 in barockisierender Form aufgestockt. Im Keilstein über der Toreinfahrt wird mit den Worten der Erbauer Schultheiß Friedrich Waldmann angegeben, dessen Initialen FWM am Kellerabgang mit der Datierung „1732“ wieder auftauchen.

Blick auf das Gasthaus um ca. 1900
Blick auf das Gasthaus um ca. 1900

(Foto: Tiefburgarchiv)

Der Bau zeichnet sich durch eine außerordentlich qualitätsvolle Gestaltung aus. Der Torbogen mit breiter Öffnung und die plastischen Rippen der Ohrengewände an den Fenstern prägen das Erscheinungsbild der Fassade (vgl. das Haus Mühltalstr. 18). Die Raumorganisation innerhalb des Anwesens sowie die Funktionszusammenhänge sind noch vor dem heutigen Bestand gut dokumentiert. Es fällt auf, dass das Anwesen mit reichlich Lagerraum ausgestattet ist. Neben einem Weinkeller unter dem Wohnhaus sind in der großen ehemaligen Scheune ein zweiter Weinkeller, ein Gemüsekeller sowie ein Kelterraum untergebracht.

Die Erklärung für die überdurchschnittlich anspruchsvolle Ausgestaltung des Anwesens gibt der Schlussstein über der Toreinfahrt. Er benennt den Hausbesitzer Friedrich Waldmann von Handschuhsheim, der als Schultheiß Teile des kleinen Zehnten (Steuer) bezog und dazu Lagerraum besitzen musste. Im Verlauf seiner ungewöhnlich langen, fast 30jährigen Amtszeit, baute Waldmann sein Wohnhaus unmittelbar auf dem heutigen Erich-Hübner-Platz, an dem damals auch das nicht erhaltene älteste Rathaus stand.

Die Bedeutung des ehemaligen Schultheißenanwesens wurde noch 1933 respektiert, als man im neu erbauten Oberstock des Wohnhauses die historischen barocken Formen nachahmte.

Das Wohnhaus Mühltalstr. 4 bezeugt durch seine Größe, seine aufwendig-herrschaftliche Fassade und seinen Standort im Ortskern die Stellung des Schultheißen innerhalb der Dorfverfassung sowie die Ausgestaltung eines Wohnhauses der dörflichen Oberschicht in der Barockzeit.

Quelle: Landesdenkmalamt Baden-Württemberg

(hj)

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